
Über Erinnerungskultur
Das Video zur Kandidatur auf der Landesliste der Wiener Grünen ist an dem Ort entstanden, an dem ich die meiste berufliche Zeit verbracht habe: die Herklotzgasse 21 im 15. Wiener Gemeindebezirk.
Vor über 15 Jahre sind wir in eine Bürogemeinschaft in der Herklotzgasse 21 gezogen und hatten von der ersten Sekunde an den Eindruck, dass das ganze Haus unglaubliche Geschichte(n) atmet, die aber unbekannt und fragmentarisch waren.
Die erste Person, die uns auf eine Spur zu den Menschen bringt, die in unserem Grätzel gewohnt haben, ist Inge Rowhani. In ihrem Buch “Nachricht vom Verlust der Welt”, das im mandelbaum Verlag erschienen ist, hat die Tochter der letzten Hausbesorgerin der Herklotzgasse 21 die Spuren ihrer Familie nachgezeichnet, die im 15. Bezirk ihren Ausgangspunkt nehmen. Sie nennt uns einen weiteren Namen: Moshe Jahoda. Moshe Jahoda war zu diesem Zeitpunkt Leiter der Claims Conference in Wien, pendelt zwischen Wien und Tel Aviv. Ein paar Tage später treffen wir ihn zu einem ersten Gespräch. Moshe Jahoda spricht vom “Dreieck seiner Kindheit” im 15. Bezirk – mit den “drei Zufluchtsburgen” Herklotzgasse 21, Turnertempel und Storchenschul.
Was folgt ist ein über zehn Jahre währendes Projekt der Aufarbeitung, der Dokumentation von Gesprächen mit Überlebenden in Israel und Amerika, mit Zeitzeug*innen in Wien, einer Ausstellung, einem Vermittlungsprojekt an Schulen im 15. Bezirk, einem
Buch über unser Projekt (Download noch möglich auf der Website), einem Audioguide im Bezirk, einer DVD und einem Denkmalwettbewerb und im letzten Jahr einer Platzbenennung in “Moshe Jahoda Platz”.
Unglaublich viele Menschen und Institutionen waren bei diesem Projekt beteiligt, buchstäblich keine Tür blieb verschlossen, alle haben sich geöffnet.
Allen voran war es Bezirksvorsteher Gerhard Zatlokal und sein Team, der das Projekt von Anfang an und bis heute aus voller Kraft und Überzeugung unterstützt hat, Jennifer Kickert, die damalige BV-Stellvertreterin und Birgit Hebein, sowie die gesamte Bezirkspolitik in Rudolfsheim-Fünfhaus. Ausserdem wurden wir unterstützt vom Zukunftsfonds der Republik Österreich, von Hannah Miriam Lessing und dem National Fund of the Republic of Austria and General Settlement Fund, von Boris Marte und Silvia Bohrn von der ERSTE Foundation, von der Kulturabteilung der Stadt Wien und über die Jahre noch von vielen mehr. Das Denkmal beim Turnertempel wurde speziell von Ricky Renier und KÖR Kunst im öffentlichen Raum Wien initiiert und unterstützt. Sehr viele Medien haben unser Projekt aufmerksam begleitet, allen voran W24 – Das Stadtfernsehen, das alle Geschichten und Stimmen der Überlebenden im Projekt “Strom der Erinnerung” dokumentiert hat.
Es war ein gelungenes Beispiel von einer privaten Grätzlinitiative, die auf lauter Wohlwollen, offene Türen und Finanzierung von öffentlicher und privater Hand gleichzeitig zurückgreifen konnte und so nicht alleine, sondern im großen Verbund mit allen Akteur*innen eine Landmark der Erinnerungskultur in Wien setzten konnte. Dafür bin ich allen Beteiligten für immer von Herzen dankbar.
Das ist auch meine politische Vision: Menschen genau da ermuntern tätig zu werden, wo sie gerade einen Beitrag in dieser Stadt leisten möchten. Die Türen öffnen, nicht schliessen. Unterstützung anbieten und die Projekte der Einzelnen zu Projekten für Viele zu machen.
Projekt Herklotzgasse 21: www.herklotzgasse21.at
Videocredit: Daniel Oberlechner